Ein toller Erfolg! Energieversorger knickt bei Verfahren vor dem Oberlandesgericht Dresden ein
Ein wunderbarer Tag: Nachdem die Vorinstanz unsere Rechtsauffassung nicht geteilt hat, hat das Oberlandesgericht Dresden uns nun Recht gegeben. Wir freuen uns für unsere Mandantschaft, eine Kapitalgesellschaft, dass das OLG Dresden die Nachberechnungen des Stromverbrauchs rückwirkend für mehrere Jahre für rechtswidrig hielt. Die Berechnungen entsprechen nicht den Vorgaben des § 18 Abs. 1 StomGVV. Des Weiteren konnte der Energieversorger weder den Verbrauch noch die vertragliche Grundlage nachweisen.
Die Kapitalgesellschaft hat über Jahre Strom aus dem Anschluss entnommen, ohne einen schriftlichen Versorgungsvertrag mit dem klagenden Energieversorger geschlossen zu haben. Geschlossen wurde vielmehr ein schriftlicher Versorgungsvertrag für einen anderen Anschluss – es existierten zwei Anschlüsse, was der Gesellschaft nicht bekannt war. Die Gesellschaft schloss mit dem Energieversorger nur einen Stromlieferungsvertrag ab. Der Abschluss eines weiteren Vertrages zwischen den Parteien ist nicht erfolgt.
Dem behaupteten zweiten Vertrag fehlte es an einer konkludenten Erklärung der Gesellschaft. Diese ging bei der Abnahme des Stroms tatsächlich davon aus, dass es sich um den vertragsgemäß von dem Energieversorger bereitgestellten Strom handelte und zwar für den einzigen Vertrag, den die Gesellschaft mit dem Energieversorger abgeschlossen hat. Gemäß den zivilrechtlichen Grundsätzen war der Handlung der Gesellschaft kein auf einen Vertragsschluss mit dem Energieversorger gerichteter Wille zu entnehmen. Für die Gesellschaft existierte nur ein Vertrag.
Der Energieversorger vertrat eine andere Rechtsauffassung, nämlich dass der Vertrag durch die Entnahme der elektrischen Energie zustande gekommen sei, das Bereitstellen der Stromabnahmemöglichkeit stelle eín konkludentes Vertragsangebot und nicht lediglich eine invitatio ad offerendum dar (sog. „Realofferte“), welches durch die Abnahme von Strom (konkludent) angenommen worden sei, und klagte gegen die Gesellschaft auf Zahlung des Strompreises.
Im Ergebnis verneinte der Senat eine Zahlungspflicht der Gesellschaft, da mit dieser für den streitgegenständlichen Anschluss kein Vertrag zustande gekommen war.
Des Weiteren wies der Senat darauf hin, dass auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 1 S. 2 StromGVV nicht vorliegen.
Im Zentrum der rechtlichen Problematik stand aber der Vertragsschluss: Maßgeblich ist hier nicht allein der Wille des konkludent Erklärenden (hier: des Energieversorgers), sondern der objektive Empfängerhorizont. Danach richtet sich die Offerte an denjenigen, der die tatsächliche Gewalt am Übergabepunkt, d.h. „am anderen Ende der Leitung“ ausübt.
Damit stellte sich die Frage der Annahme dieses Angebots. Diese erfolgt – wiederum konkludent – durch die Entnahme von Strom. Das ist deshalb grundsätzlich richtig, weil auch insoweit eine Auslegung des Verhaltens des Kunden nach § 157 BGB erfolgt. Nach dem Empfängerhorizont muss ein solches Verhalten redlicherweise auf einen entsprechenden Vertragswillen hindeuten. Sollte der Stromabnehmer tatsächlich nicht den Willen haben, einen Vertrag zu schließen, so ist dieser bloße innere Tatbestand nach § 116 BGB (geheimer Vorbehalt) irrelevant.
Problematisch wird es nur dann, wenn der mangelnde Wille des Abnehmers zu einem Vertragsschluss dem anderen Teil positiv bekannt ist. Dann kommt es für die Auslegung nicht mehr auf § 157 BGB, sondern allein auf den erkannten Willen des Erklärenden an. Nach h.M. kann in einem solchen Fall ein vertraglicher Anspruch nicht mehr begründet werden. Die Voraussetzungen für einen konkludenten Vertragsschluss fehlten vorliegend, da zwischen der Gesellschaft und dem Energieversorger bereits ein Vertragsverhältnis bestand und dies war dem Energieversorger bekannt weil eben ein schriftlicher Vertrag geschlossen wurde, aufgrund dessen die Energielieferungen erbracht wurden und die Gesellschaft nicht wusste, dass der Energieversorger sie mit zusätzlicher Energie beliefert.
Nach zwei Jahren Rechtsstreit ist auch gerichtlich geklärt, dass eine gewerbliche Kundin auch Haushaltskundin i.S.d. § 22 EnWG, mithin Letztverbraucherin, die Energie überwiegend für den Eigenverbrauch im Haushalt oder für den einen Jahresverbrauch von 10 000 Kilowattstunden nicht übersteigenden Eigenverbrauch für berufliche, Landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke kauft, sein kann.
Das Verfahren vor dem OLG Dresden zeigt, dass Energieversorger nicht allein auf Schätzungen oder unzureichend dargelegten Angaben setzen können, um exorbitante Nachforderungen durchzusetzen. Das OLG Dresden stärkt die Positionen von Kunden, die sich gegen undurchsichtige oder falsche Forderungen zur Wehr setzen wollen.
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