Update zum Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024): Von Kleinunternehmerregelung bis Grunderwerbsteuer
Endlich: Der Bundestag hat am 18.10.2024 das Jahressteuergesetz 2024 verabschiedet.
Im Jahressteuergesetz 2024 finden Sie neben einer Regelung zur Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils zur Übertragung von Betriebsvermögen zwischen Mitunternehmerschaften einige Regelungen im Umsatzsteuer- und Einkommensteuerrecht. Aber auch andere Bereiche werden erfasst, wie z.B. das Verfahrensrecht (AO) und die Erbschaftsteuer.
Durch das Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums werden ab 2025 u.a. der Grundfreibetrag, das Kindergeld sowie der Kinderfreibetrag entsprechend erhöht.
Die Verabschiedung oben genannter Gesetze durch den Bundesrat ist für den 22.11.2024 vorgesehen.
A. Jahressteuergesetz 2024
I. Umsatzsteuer (UstG)
Besteuerung von Kleinunternehmern, § 19 UStG
Der Gesetzgeber hat die zwingend erforderliche Umsetzung der EU-Richtlinie 2020/285 zum Anlass genommen, die Regelung für Kleinunternehmer entsprechend zu überarbeiten.
Das Ziel der EU-Richtlinie ist, Wettbewerbsverzerrungen für Kleinunternehmer im Binnenmarkt zu vermeiden und auf diese Weise die Entwicklung des grenzüberschreitenden Handels zu begünstigen.
Bislang konnten nur im Inland ansässige Unternehmer von der Kleinunternehmerregelung des § 19 UstG profitieren. Das Jahressteuergesetz 2024 ermöglicht es, auch im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern die Kleinunternehmerregelung in Deutschland entsprechend anzuwenden.
Voraussetzung für die Befreiung ist die Durchführung eines besonderen Meldeverfahrens. Zuständig für die Durchführung des Meldeverfahrens ist das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn.
Eine weitere Voraussetzung für die Befreiung ist insbesondere, dass der inländische Gesamtumsatz, § 19 Abs. 2 UstG, im vorangegangenen Kalenderjahr 25.000,00 EUR nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr 100.000,00 EUR nicht überschreitet. Sofern das betroffene Unternehmen diese Werte überschreitet, ist die Steuerbefreiung nicht möglich.
Die Mitgliedstaaten sind allerdings berechtigt, einen oberen inländischen Grenzbetrag selbst zu bestimmen, bis zu dessen Überschreitung die Kleinunternehmerregelung im laufenden Kalenderjahr weiterhin zulässig ist.
§ 19 Abs. 3 UStG regelt den Verzicht auf die Anwendung der Steuerbefreiung für inländische Kleinunternehmer.
Positiv hervorzuheben ist, dass Kleinunternehmer keine E-Rechnungen ausstellen müssen. Dies regelt ein neuer § 34a der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV). Allerdings müssen auch Kleinunternehmer E-Rechnungen empfangen und bearbeiten können.
Die o.g. Änderungen treten zum 01.01.2025 in Kraft.
II. Einkommensteuer (EStG)
1. Buchwertübertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften, § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 4 EStG-E
Mit Beschluss vom 28.11.2023 hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass § 6 Abs. 5 S. 3 EStG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, als eine Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften zum Buchwert ausgeschlossen wird. Mit der Einführung des neuen § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG-E reagiert der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung des BVerfG und ermöglicht die danach erforderliche Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften zum Buchwert.
Die Gesetzesbegründung enthält auch Klarstellung zu der Frage, wann eine Beteiligungsidentität an Mitunternehmerschaften für Zwecke des § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 4 EStG-E vorliegen soll. Demnach ist eine Beteiligungsidentität nicht gegeben, wenn unmittelbar oder mittelbar und zivilrechtlich oder nur wirtschaftlich eine natürliche Person oder eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse nur an einer der beiden Mitunternehmerschaften beteiligt ist. Dies gilt auch für eine Beteiligung als Treuhänder, selbst wenn dieser nicht selbst als Mitunternehmer anzusehen ist.
2. Erweiterung des Anwendungsbereichs von 19a EStG auf Anteile an Konzernunternehmen
Mit dem am 14.12.2023 verkündeten Zukunftsfinanzierungsgesetz ist der Anwendungsbereich des § 19a EStG erheblich erweitert worden, in erster Linie um Mitarbeiterkapitalbeteiligungen steuerlich einfacher zu gestalten.
Mit der Einführung eines neuen § 19a Abs. 1 S. 3 EStG soll der Anwendungsbereich der Steuervergünstigung nach § 19a EStG jetzt auf die Übertragung von Anteilen an Konzernunternehmen erweitert werden.
Hierdurch sollen Startup-Unternehmen, die Konzernstrukturen nutzen, berücksichtigt werden. Um zu verhindern, dass Arbeitnehmer großer Aktiengesellschaften indirekt durch Steuergestaltungen begünstigt werden, indem Geschäftsbereiche auf kleinere Tochtergesellschaften ausgelagert und dann Anteile an der Muttergesellschaft steuerbegünstigt übertragen werden, wird der Anwendungsbereich jedoch eng gefasst.
Anteile an einem Konzernunternehmen können nur dann steuerbegünstigt übertragen werden, wenn die Schwellenwerte des § 19a Abs. 3 EStG in Bezug auf alle Konzernunternehmen nicht überschritten werden und die Gründung jedes Konzernunternehmens nicht länger als 20 Jahre zurückliegt.
3. Entlastung für Alleinerziehende, § 39a Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EStG-E (neu)
Mit der Einfügung der Nummer 9 (§ 39a Abs: 1 S. 1, Nr. 9 EStG-E) kann der anteilige Entlastungsbetrag für Alleinerziehende i.S.d. § 24b Abs. 4 EStG bei dauerndem Getrenntleben ab dem Monat der Trennung als Freibetrag für das Lohnsteuerabzugsverfahren gebildet werden. Es müssen allerdings die Voraussetzungen des § 24b EStG vorliegen.
4. Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit Photovoltaikanlagen, § 3 Nr. 72 EStG
Die für die Anwendung der Steuerbefreiung zulässige Bruttoleistung wird von 15 kWp auf 30 kWp je Wohn- bzw. Gewerbeeinheit erhöht. In diesem Zusammenhang stellt der Gesetzgeber klar, dass
1. Auch bei Gebäuden mit mehreren Gewerbeeinheiten und ohne Wohneinheiten Photovoltaikanlagen bis zu 30 kWp je Gewerbeeinheit begünstigt sind.
2.Es sich bei der Steuerbefreiung um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag handelt und
3. Die neue Regelung des § 3 Nr. 72 EStG für Photovoltaikanlagen anzuwenden ist, die nach dem 31.12.2024 in Betrieb genommen, erworben oder erweitert worden sind.
4. Lohnsteuerliche Behandlung von Mobilitätsbudgets, § 40 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 EStG (neu)
Viele Fachbeiträge berichten begeistert von dieser neuen Regelung – leider ist die Regelung gestrichen worden, einen Zuschuss für Arbeitnehmer in Höhe von 2.400,00 EUR jährlich, der pauschal mit 25 Prozent zu versteuern ist, wird es nicht geben.
III. Abgabenordnung (AO)
1. Änderung von Steuerbescheiden, § 175b AO, eDaten
Nach § 175b Abs. 1 AO ist es möglich, einen materiell fehlerhaften Steuerbescheid für den Fall einer fehlerhaften Auswertung der von einem Drittem nach § 93c AO elektronisch übermittelten Daten im steuerlichen Massenverfahren zugunsten der Steuerschuldner entsprechend zu korrigieren.
Nach § 175b Abs. 2 AO ist es darüber hinaus möglich, einen materiell fehlerhaften Steuerbescheid für den Fall, dass elektronisch übermittelte Daten mangels abweichender Angabe in der Steuererklärung nach § 150 Abs. 7 S. 2 AO als Angaben des Steuerpflichtigen gelten, obwohl diese unrichtig sind, entsprechend zu korrigieren.
Die Korrektur der materiell fehlerhaften Steuerfestsetzung ist in o.g. Fällen verpflichtend und steht nicht im Ermessen der Behörde.
Die Fehlerquote ist unerheblich.
2. Verspätungszuschlag, § 152 Abs. 6 S. 1 AO
Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass bei Festsetzung eines Verspätungszuschlags aufgrund der verspäteten Abgabe oder Nichtangabe einer Feststellungserklärung die Vorschriften des § 152 Abs. 3 Nr. 2 und 3 AO nicht anzuwenden sind.
IV. Grunderwerbssteuer (GrEStG)
Eine wesentliche Änderung im Grunderwerbsteuergesetz betrifft insbesondere die Zurechnung von Grundstücken zu Gesellschaften. Eine Bedingung hierfür ist, dass ein Grundstück einer Gesellschaft gehört und ihr zugerechnet werden kann. Jedenfalls existierte bislang keine gesetzliche Regelung, die eine entsprechende Zurechnung ermöglichte. In § 1 Abs. 4a GrEStG neu wird nun die Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Vermögen einer Gesellschaft erstmals gesetzlich definiert.
Für Share Deals bedeutet dies, dass im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage die Verwirklichung eines Ergänzungstatbestands nach § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG nicht zu einer Veränderung der Zugehörigkeit führt. Hierdurch soll eine Doppelzugehörigkeit von Grundstücken zum Vermögen zweier Gesellschaften unterbunden werden.
Ein Grundstück soll zum Vermögen der Gesellschaft gehören, die zuletzt einen Grundtatbestand nach § 1 Abs. 1 GrEStG über das Grundstück verwirklicht hat. Des Weiteren kann das Grundstück auch einer zweiten Gesellschaft gehören, wenn diese die Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG innehat.
V. Erbschaftssteuergesetz (ErbStG)
Der Pauschalbetrag für Erbfallkosten steigt von 10.300 EUR auf 15.000,00 EUR.
B. Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums
I. Steuerfreier Grundfreibetrag
Der Grundfreibetrag soll im Jahr 2025 um 300,00 EUR erhöht werden und wird somit bei 12.084,00 EUR für Singles und 24.168,00 EUR für Verheiratete liegen.
Für das Jahr 2026 ist eine weitere Erhöhung des Grundfreibetrages um 252,00 EUR geplant.
II. Steuertarif
Der Spitzensteuersatz (42 Prozent) greift 2025 ab einem Jahreseinkommen in Höhe von 68.430,00 EUR und 2026 ab einem Jahreseinkommen in Höhe von 69.799,00 EUR.
III. Anhebung von Kindergeld und Kinderfreibetrag
1. Kindergeld 2025
Das Kindergeld soll ab Januar 2025 von 250,00 EUR auf 255,00 EUR monatlich steigen.
2. Kinderfreibetrag
Der steuerliche Kinderfreibetrag soll für den Veranlagungszeitraum 2025 um 60,00 EUR auf 6.672,00 EUR steigen. Zusammen mit dem Erziehungsfreibetrag in Höhe von 2.928,00 EUR werden die Freibeträge für Kinder bei 9.600,00 EUR im Jahr 2025 liegen.
Wie geht es weiter?
Am 18.10.2024 hat der Bundestag das Jahressteuergesetz 2024 verabschiedet. Jetzt muss der Bundesrat über seine Zustimmung beraten.
Die Verabschiedung des Jahressteuergesetzes 2024 durch den Bundesrat ist für den 22.11.2024 geplant.
Wir werden Sie entsprechend informieren.
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