Bundesfinanzhof kippt seine bisherige Rechtsprechung: § 23 EStG – Keine Einkommensteuer beim Immobilienverkauf aus Erbschaft

Aktuelle Rechtssprechung zu § 23 EStG:

Der Bundesfinanzhof hat am 17.01.2024, Az. IX R 13/22, eine wegweisende Entscheidung zur Besteuerung von Gewinnen aus dem Verkauf von
Immobilien, die aus dem Nachlass einer Erbengemeinschaft stammen, veröffentlicht:

Mit Urteil vom 17.01.2024 (Az.: 26.09.2023 – IX R 13/22) hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Kauf eines Miterbenanteils, in dem ein Grundstück enthalten ist, das anschließend veräußert wird, keinen Erwerb eines Grundstücks im Sinne des privaten Veräußerungstatbestandes, § 23 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG darstellt.

I. Hintergrund zum Urteil des BFH zu § 23 EStG

Der Kläger erbte 52 Prozent eines Nachlasses. Er erhielt den gesamten Hausrat, das Mobiliar und den Personenkraftwagen der Erblasserin.

Im Übrigen umfasste der Nachlass auch Grundbesitz.

Die restlichen Anteile gehörten den Kindern der Erblasserin. Der Kläger kaufte später die Anteile der Kinder und wurde Alleineigentümer des Grundbesitzes, den er anschließend verkaufte.

Das Finanzamt sah in diesem Vorgang ein privates Veräußerungsgeschäft und besteuerte den Gewinn entsprechend. Sowohl Einspruch als auch die Klage blieben ohne Erfolg. Auf die Revision des Klägers wurde das Urteil des Finanzgerichtes München aufgehoben.

II. Entscheidung des BFH zu § 23 EStG

Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils.

Bisher besteuerte das Finanzamt solche Gewinne gemäß dem Einkommensteuergesetz tatsächlich als private Veräußerungsgeschäfte, insbesondere wenn zwischen dem Ankauf und dem Verkauf der Immobilie weniger als zehn Jahre vergangen waren.

Dies wurde als sog. Spekulationsgeschäft bezeichnet. Der Bundesfinanzhof änderte nunmehr seine eigene Rechtsprechung, vgl. BFH v.
20.4.2004, IX R 5/02, und stellte sich auch gegen die Ansicht der Finanzverwaltung, vgl. BMF-Schreiben v. 14.3.2006, BStBl. I 2006, 253, die in dem Kauf des
Miterbenanteils einen Erwerb des Grundstücks und in dessen Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist von 10 Jahren ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft sieht.

In seinem Urteil stellt der Bundesfinanzhof klar, dass der Erwerb einer gesamthänderischen Beteiligung aus zivilrechtlicher Sicht, die auch dem Tatbestand
des § 23 EStG zu Grunde liegt, keinen Erwerb eines einzelnen Gegenstandes darstellt, also nicht als „Anschaffung“ betrachtet werden kann.

Der Bundesfinanzhof argumentiert, dass das Mitglied einer Erbengemeinschaft kein Verfügungsrecht an den Gegenständen des Gesamthandsvermögens habe.

Der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 S. 4 EStG betreffe ausdrücklich nur Beteiligungen an einer Personengesellschaft.

Aufgrund dieser Sonderregelung werde das Wirtschaftsgut den Mitgliedern einer Erbengemeinschaft nicht nach Maßgabe des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zugerechnet.

Es liegt also kein Veräußerungsgeschäft vor, für das entsprechende Einkommensteuer zu zahlen wäre, dies auch dann nicht, wenn ein Miterbe eine Immobilie in Erbengemeinschaft erbt, für die die Spekulationsfrist noch nicht abgelaufen ist und er dann innerhalb dieser Frist seinen Miterbenanteil im Wege des Erbschaftskaufs veräußert.

III. Bedeutung für Steuerpflichtige § 23 EStG

Die BFH-Entscheidung bedeutet, dass der Verkauf von Immobilien, die als Teil eines Nachlasses erworben wurden, nicht unter die Regelungen für private
Veräußerungsgeschäfte fällt und somit nicht der Einkommensteuer unterliegt.

In diesem Zusammenhang möchten wir allerdings darauf hinweisen, dass diese Entscheidung absolut keine Auswirkungen auf die Festsetzung der Erbschaftsteuer hat.

Die Freibeträge für die Erbschaftsteuer bleiben unverändert.

Die BFH-Entscheidung hat auch keine Auswirkungen auf die Steuertatbestände des Verkaufs einer wesentlichen Kapitalbeteiligung, § 17 EStG und der Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen, § 22 UmwStG.

Des Weiteren ist es abzuwarten, ob das Bundesfinanzministerium möglicherweise einen Nichtanwendungserlass zu diesem Urteil veröffentlichen wird, der die
Finanzverwaltung anweist, das Urteil nicht zu berücksichtigen.

Dennoch, die Entscheidung des BFH ist in vielerlei Hinsicht brisant, insbesondere weil das Urteil Auswirkungen auf die Planung und Gestaltung von Nachlässen haben könnte.

Immobilienerben könnten jetzt ihre Nachlassplanung entsprechend anpassen, um ihre Steuerlasten zu minimieren bzw. nicht unerhebliche steuerliche Vorteile zu erlangen.

Dieser Fachbeitrag stellt keine individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Überblick über die äußerst komplexe rechtliche Materie.

Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch eingehende Prüfung und Beratung erhalten.

Sofern Sie weitere Fragen zur Besteuerung von Gewinnen aus dem Verkauf von Immobilien, die aus dem Nachlass einer Erbengemeinschaft stammen, haben, sprechen Sie uns an!

Wir beraten und unterstützen Sie bei Ihrer Nachlassplanung, um mögliche steuerliche Fallstricke zu vermeiden.

Herr Rechtsanwalt Torsten Bremer und sein Team stehen Ihnen gern zur Verfügung:

bremer-rechtsanwaelte@t-online.de,

Tel. +49 – 0351 – 48 18 59 90